Literaturbericht

Becker meint, jeder Interpret, der sich nicht nur mit Kafkas literarischem Werk, sondern dar#252;ber hinaus auch mit seiner Biographie sowie biographischen Dokumenten wie etwas Briefen oder Tageb#252;chern befasse,t stelle schon bald fest, dass unzauml;hlige Analogien erkennbar zwischen den fiktiven Schicksalen der literarischen Helden und den realen, persouml;nlichen Problemen ihres Schouml;pfers seien. (Becker, 2003) Kafka macht doch hauml;ufig explizit auf die Zusammenhauml;nge zwischen seiner privaten Lage und den Geschehnissen in seinen Texten aufmerksam. Sein Vater ist fleiszlig;ig, erfolgreich, mauml;chtig, t#252;chtig und treu, wauml;hrend Kafka selbst schwach, autistisch und sensibel ist. Im ber#252;hmten #8222;Brief an den Vater” kulminiert dies gar in der Behauptung: #8222;Mein Schreiben handelte von dir, ich klagte dort ja nur, was ich an deiner Brust nicht klagen konnte.”(Franz Kafka, 2011) Das widerspr#252;chliche Spannungsverhauml;ltnis umreiszlig;t eine entscheidende Grund#252;berzeugung von Kafkas dichterischem Weltbild: Der unumgauml;nglichen Notwendigkeit aller irdischer Gegebenheiten verleiht der Dichter durch seine Einsicht die einzig sinnvolle Richtung: Indem er z. B. sein Sterben-m#252;ssen erkennt, verwandelt er diese Erkenntnis in ein Sterben-wollen, um mit dem Sinn der Schouml;pfung im Einklang zu leben.

Rattner schrieb in seinem Buch Kafka und das Vater-Problem: ein Beitrag zum tiefenpsychologischen Problem der Kindererziehung, die Motive, welche ein literarisches Werk zu bewauml;ltigen versuche, m#252;ssen irgendwie aus dem Leben seines Urhebers stammen. (Rattner, 1964) Weil Kafka in realen Leben Vater-Sohn-Konflikt hat, schreibt er auch in seinen Werken.

So schrieb er Die Verwandlung und Das Urteil. Aber wie ist die Beziehung zwischen Vater und Sohn und warum verauml;ndert sie sich? Britta Beckers Arbeit Metaphysische Sehnsucht und existentielle Verzweiflung hat die Fragen beantwortet. In dieser Arbeit schrieb Becker: #8222;In der Verwandlung verwandelt Gregor sich in einem Ungeziefer. Bevor beim ersten Auftritt scheint der Vater gereizt und ausgespannt, was seine Gestik verbildlicht. Als der Prokurist eintrifft, lobpreist der Vater seinen Sohn. Sobald er den Sohn in seiner neuen Gestalt zu Gesicht bekommt, droht er ihm, bevor er zu weinen beginnt. Damit offenbart sich eine latente Feindseligkeit gegen#252;ber dem Sohn, und er scheint in Gregors Verwandlung auch gleich dessen #8218;bouml;sen” Willen zum #8218;Angriff” auf seine Macht zu sehen. Schlieszlig;lich attackiert er ihn mit den Auml;pfeln, von denen einer tief in Gregors R#252;cken eindringt.” (Becker, 2003) Die Beziehung zwischen Vater und Sohn verauml;ndert sich allmauml;hlich.

F#252;r den Vater-Sohn-Konflikt ist Britta Becker die Meinung, dass der Kampf zwischen Vater und Sohn nicht um zwei Individuen geht, die in einen einzigartigen Konflikt verwickelt sind, sondern vielmehr um einen grundsauml;tzlichen Machtkampf zwischen Vauml;tern und Souml;hnen.(Becker, 2003)

Das ist auml;hnlich in #8222;Das Urteil”. Bettina von Jagow behauptet in seinem Artikel Kafka-Handbuch Leben-Werk-Wirkung #8222;Es wird hier eine Geschichte erzauml;hlt, die nicht mehr nur als kommunikativer Vater-Sohn-Konflikt gelesen werden kann, sondern die modellhaften Szenen eines innerfamiliauml;ren Machtkampfes auf Leben und Tod entfaltet.” (Jagow, 2008)

Hu Zhiming meint auch: #8222; Der Vater hat eine groszlig;e mentale Macht #252;ber Georg. Georg mouml;chte den Vater, der als Familienoberhaupt, austauschen. Georg trug den Vater auf seine Armen ins Bett und legte das Deckzeug um ihn. Angeblich zeigte er seine Pietauml;t, tatsauml;chlich mouml;chte er den Vater begraben, um die Rolle als neues Familienoberhaupt zu #252;bernehmen.” (Hu Zhiming, 2000)