Literaturbericht

Hermann Klenner definiert in seiner Fachschrift Recht und Unrecht. Er sagt: #8222;mit dem Recht wird hier das inner- und zwischenstaatliche Ordnungsreglement herrschaftsfouml;rmig organisierter Gesellschaften mit dem Recht bezeichnet, rechtswidrige Verhauml;ltnisse hingegen mit #8222;Unrecht”.” (Klenner, 2004, S. 6) Einen allgemein anerkannten Begriff des Rechts samt seiner Negation, des Unrechts, gibt es nach Klenner nicht: #8222;Denn das reflektierende Begreifen juristischer Sachverhalte und Kategorien (deren Entstehungs-, Entwicklungs- und Verwirklichungsbedingungen einschlieszlig;end) vollzieht sich in einem historischen Prozess sich voneinander abstoszlig;ender, sich auch gegeneinander entwickelnder Auffassungen.”

Die Bachelorarbeit von Jana Binkov#225; #8222;Recht und Unrecht bei Bernhard Schlink in Der Vorleser und Liebesfluchten” im Jahre 2012 informiert uns dar#252;ber, nachdem Michael seine ehemalige Geliebte nach Jahren beim Gericht unter den Angeklagten wiedergesehen und seine persouml;nliche Stellung zu dem Fall aufgenommen hat, beginnt er zwischen dem #8222;klarem” Recht und Unrecht zu schwanken. Binkov#225; meint: #8222;Er will auch die Gerechtigkeit f#252;r Hanna, d. h. #8222;das Gute” f#252;r sie tun, obwohl sie die Strafe f#252;r ihre Tat selbstverstauml;ndlich verdient. Seine Figur bewegt sich auf der Grenze zwischen dem #8222;Recht und Unrecht”, meiner Meinung nach, weil er bei dem Prozess zwischen dem #8222;offenbaren” Recht und Unrecht auch schwierig unterscheiden soll.” (Binkov#225;, 2012, S. 27) Auszlig;erdem ist der Autor davon #252;berzeugt, Hanna sei zwar schuldig als die KZ-Aufseherin gewesen, aber die eigene Unfauml;higkeit von Lesen und Schreiben zu gestehen, sei f#252;r sie #8222;das schlimmste Unrecht” geworden. (Binkov#225;, 2012, S. 30)

Cerstin Urban hat in seiner Arbeit #8222;Bernhard Schlink: Der Vorleser: Kommentare, Diskussionsaspekte und Anregungen f#252;r produktionsorientiertes Lesen” untersucht, ob es klare Grenze zwischen Recht und Unrecht gibt. So erzauml;hlt er, bevor als Michael zur Verhandlung der #8222;Vergangenheit” teilnehme, glaube er klar zwischen #8222;Recht und Unrecht” trennen zu kouml;nnen. Er selbst zauml;hle sich zu #8222;Recht”, denn er sei Bestandteil der jungen Nachkriegsgeneration, die keine direkte Schuld an der Nazi-Vergangenheit trauml;ge, wauml;hrend die Generation seiner Eltern und die Personen auf der Anklagebank f#252;r ihn durchweg #8222;Unrecht”, die Schuldigen seien.” (Urban, 2006, nach Binkov#225;, 2012) Weil er Hanna geliebt hat und die Liebe zu Hanna ihn sich schuldig f#252;hlen macht, steht er plouml;tzlich nicht auf der Seite seiner Generation #8211; #8222;der gerechten Richter”, jedoch kaum auf der Hannas Seite. Und er glaubt nicht mehr an absolutes #8222;Recht und Unrecht”.

In der Arbeit namens #8222;Bernhard Schlink. Der Vorleser” im Jahre 2001 hat Dagmar Erne aufgewiesen, Hanna habe einen starken Hang zu Reinlichkeit und Hygiene und mache diese Vorliebe zu einem Teil des Liebesrituals, indem sie auf gemeinsames Duschen vor dem Liebesakt bestehe. Obwohl im Roman keine Hinweise daf#252;r vorliegen, kouml;nne man diese #252;bertriebene Sauberkeit als Kompensation ihrer Schuldgef#252;hle werten. (Mouml;ckel, 2000, nach Erne, 2001) Als sie bem#252;ht hauml;tte, ihre Schuld von Grund aus #8222;abwaschen”. Das Unrecht, das sie als eine KZ-Aufseherin begangen hat, verursacht ihre Schuldgef#252;hle.

Zhai Dabing hat in seinem Nachdenken #252;ber #8222;Der Vorleser” die Banalitauml;t der Bouml;se tiefgehend analysiert. In der Nazizeit beherrsche die Banalitauml;t der Bouml;se das Verhalten der Kriegsteilnehmer. Es sehe so aus, als ob diese Handlungsweise der Gesellschaft nicht schade. Jedoch lauml;sse sie die Menschen viele Grauml;uel unbewusst begehen. Bei Hanna herrsche auch diese Handlungsweise. (Zhai Dabing, 2012)

Joachim Kahl hat uns in seiner Arbeit #8222;Von der ahnungslosen Liebe zu einer KZ-Aufseherin” erklauml;rt, was Analphabetentum von Hanna und zwar ihre Dummheit verursacht. Er hat darauf hingewiesen, nicht fehlende Bildungsabschl#252;sse machen Dummheit aus, sondern das dauerhafte Verstoszlig;en gegen ureigene Interessen. (Kahl, 2003, S. 134) Auszlig;erdem hat er den weiblichen Anteil an den Verbrechen des Nationalsozialismus analysiert. Er meint, auch Frauen seien an den Grauml;ueln des Unrechtsstaates beteiligt gewesen. Ohne massive und massenhafte weibliche Akklamation und Kooperation sei das NS-Regime nicht existenzfauml;hig gewesen.” (Kahl, 2003, S. 133)